Atmen passiert automatisch – du musst nicht drüber nachdenken. Atmen ist Leben. Aber wie oft am Tag nimmst du eigentlich war, das Du atmest ? Vielleicht ist im Alltag der Atme eher flach, und im Urlaub besonders tief. Kennst du den Satz : „Jetzt atme erstmal tief ein und aus“, wenn du gestresst bist ?
Achtsames Atmen ist eine fundamentale Praxis der Achtsamkeit, die oft in Meditationstraditionen und -techniken verwendet wird, insbesondere im Zen-Buddhismus und in den Lehren von Thich Nhat Hanh. Sie beruht auf der einfachen, aber tiefen Wahrnehmung und Kontrolle des Atems, um den Geist zu beruhigen, den Körper zu entspannen und eine tiefere Verbindung zum gegenwärtigen Moment zu schaffen. Achtsames Atmen kann jederzeit und überall praktiziert werden und ist besonders nützlich, um aus stressigen oder hektischen Momenten herauszufinden und zu mehr Ruhe und Klarheit zu finden.
Was ist Achtsames Atmen?
Achtsames Atmen bedeutet, den Atem mit voller Aufmerksamkeit wahrzunehmen, ohne ihn zu verändern oder zu kontrollieren– es gilt ihn einfach zu beobachten. Diese Praxis bringt den Geist in den gegenwärtigen Moment zurück, fern von der Vielzahl von Gedanken und Sorgen, die uns häufig ablenken. Es geht darum, den natürlichen Fluss des Atems zu spüren, ohne ihn zu bewerten oder zu beeinflussen, und sich darauf zu konzentrieren, wie er in den Körper ein- und wieder ausströmt.
Die Praxis des achtsamen Atmens fördert:
- Ruhe und Entspannung: Sie hilft, Stress abzubauen, den Körper zu beruhigen und den Geist zu klären.
- Konzentration: Indem man sich auf den Atem fokussiert, trainiert man die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu lenken und sich nicht von äußeren oder inneren Ablenkungen mitreißen zu lassen.
- Klarheit und Präsenz: Achtsames Atmen hilft, den Geist zu zentrieren und sich mehr mit dem gegenwärtigen Moment zu verbinden, anstatt sich in Grübeleien oder Sorgen zu verlieren.
- Selbstbeobachtung und Achtsamkeit: Es schärft das Bewusstsein für den eigenen Körper und die innere Erfahrung, fördert eine Haltung des Mitgefühls und der Akzeptanz gegenüber sich selbst und den eigenen Gefühlen.
Grundprinzipien der Praxis des Achtsamen Atmens
Fokus auf den Atem
- Der Atem wird mit voller Aufmerksamkeit wahrgenommen. Dies bedeutet, dass du dich darauf konzentrierst, wie der Atem in deinen Körper eintritt (Einatmen) und ihn wieder verlässt (Ausatmen). Du nimmst sowohl die Bewegung des Atems als auch die physischen Empfindungen wahr, die mit dem Ein- und Ausatmen verbunden sind – zum Beispiel das Heben und Senken des Brustkorbs oder das Spüren des Luftstroms in der Nase.
Nicht bewerten oder kontrollieren:
- Ein wichtiger Bestandteil des achtsamen Atmens ist, den Atem zu akzeptieren, wie er ist, ohne ihn zu verändern. Du versuchst nicht, deinen Atem zu vertiefen, zu verlängern oder zu verlangsamen. Es geht nicht darum, die Atmung zu beeinflussen, sondern sie einfach zu beobachten, ohne zu urteilen.
Sanfte Aufmerksamkeit:
- Achtsames Atmen erfordert eine sanfte, aber stetige Aufmerksamkeit. Wenn du merkst, dass deine Gedanken abschweifen (was normal ist), bringst du die Aufmerksamkeit einfach wieder zurück zum Atem, ohne dich selbst zu kritisieren oder zu verurteilen. Es geht nicht um Perfektion, sondern um das wiederholte Zurückkehren zum Moment.
Kontinuität der Aufmerksamkeit:
- Die Praxis des achtsamen Atmens muss nicht in langen Meditationseinheiten geübt werden. Schon einige Minuten Achtsamkeit beim Atmen, sei es im Sitzen, Gehen oder sogar während des alltäglichen Handelns, können eine tief beruhigende Wirkung auf den Geist haben. Die kontinuierliche Aufmerksamkeit auf den Atem fördert eine tiefere Verbindung zum gegenwärtigen Moment.
Verbindung von Atem und Körper:
- Achtsames Atmen bedeutet auch, den Körper und den Atem als Einheit wahrzunehmen. Man spürt nicht nur die Atmung selbst, sondern auch die Auswirkungen des Atems auf den Körper: Wie der Brustkorb sich hebt und senkt, wie der Bauch bei jeder Ein- und Ausatmung sich ausdehnt und wieder zusammenzieht. Dies fördert ein stärkeres Bewusstsein für den eigenen Körper und für die Gegenwart.
Der Atem als Anker im gegenwärtigen Moment
Im buddhistischen Kontext und insbesondere in den Lehren von Thich Nhat Hanh wird der Atem als „Anker“ bezeichnet, der den Geist im gegenwärtigen Moment verankert. Der Atem hilft, den Geist zu beruhigen, wenn er von Gedanken, Sorgen oder Ablenkungen überflutet wird. Thich Nhat Hanh betont, dass der Atem eine sehr direkte und kraftvolle Methode ist, um Achtsamkeit zu kultivieren, weil er immer bei uns ist – der Atem ist sowohl ein Mittel zur Meditation als auch ein Symbol für das Leben selbst. Der Atem erinnert uns an die Vergänglichkeit des Lebens und bietet gleichzeitig eine einfache Möglichkeit, uns im Hier und Jetzt zu verankern.
Achtsames Atmen im Alltag
Achtsames Atmen muss nicht auf die formelle Meditation beschränkt sein. Es kann jederzeit in den Alltag integriert werden:
Beim Aufwachen:
- Schon morgens, wenn du die Augen öffnest, kannst du ein paar bewusste Atemzüge nehmen, um dich auf den Tag vorzubereiten. Atme tief ein und aus und nimm dir einen Moment, um deinen Atem zu spüren, bevor du in die Hektik des Tages eintauchst.
In stressigen Momenten:
- Wenn du merkst, dass du gestresst oder überwältigt bist, kannst du jederzeit innehalten und dich auf deinen Atem konzentrieren. Atme tief und langsam ein und aus. Das hilft, den Geist zu beruhigen und die emotionale Reaktivität zu reduzieren.
Beim Gehen:
- Du kannst auch beim Gehen achtsam atmen. Konzentriere dich darauf, wie der Atem in Einklang mit deinem Gang kommt. Einige Praktizierende verbinden die Atemzüge mit den Schritten, zum Beispiel: Einatmen – ein Schritt, Ausatmen – ein Schritt.
4. Während alltäglicher Tätigkeiten:
- Achtsames Atmen kann in jede alltägliche Tätigkeit integriert werden. Beim Geschirrspülen, Kochen oder sogar beim Warten in der Schlange kannst du bewusst auf deinen Atem achten und die Bewegung des Körpers wahrnehmen.
Techniken des Achtsamen Atmens
Es gibt verschiedene einfache Techniken, die helfen, den Atem achtsam zu beobachten:
Zählen der Atemzüge:
- Eine gängige Technik besteht darin, die Atemzüge zu zählen, um die Aufmerksamkeit zu fokussieren. Zum Beispiel: Zähle beim Einatmen bis „1“, beim Ausatmen bis „2“, und so weiter, bis du bei zehn angelangt bist. Beginne dann wieder bei 1. Diese Technik hilft, den Geist zu fokussieren und das Wandern der Gedanken zu vermeiden.
Atempausen (Atemräume):
- Eine weitere Technik besteht darin, nach jeder Ausatmung eine kurze Pause einzulegen, bevor du wieder einatmest. Diese Pause bietet einen Moment der Stille und Präsenz.
Bauchatmung:
- Bei der Bauchatmung (oder Zwerchfellatmung) legst du eine Hand auf den Bauch und beobachtest, wie der Bauch sich bei jedem Atemzug hebt und senkt. Diese Technik fördert tiefes, langsames Atmen und hilft, den Körper zu entspannen.
Visualisierung des Atems:
- Du kannst dir den Atem auch visuell vorstellen, zum Beispiel als eine Welle, die an den Strand rollt, oder als Licht, das in deinen Körper einströmt und wieder hinausfließt. Solche Visualisierungen können die Achtsamkeit verstärken und den Fokus auf den Atem verstärken.
Vorteile des Achtsamen Atmens
- Achtsames Atmen fördert die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems, das für Entspannung und Beruhigung des Körpers verantwortlich ist. Dies hilft, den Stresspegel zu senken und emotionale Stabilität zu fördern.
- Durch die Fokussierung auf den Atem wird die Fähigkeit zur Konzentration gestärkt. Der Atem dient als Anker, der die Aufmerksamkeit im Moment hält und den Geist von Ablenkungen befreit.
- Achtsames Atmen kann helfen, negative Emotionen wie Angst, Wut oder Traurigkeit zu regulieren, da der Atem den Geist beruhigt und die körperliche Reaktion auf Emotionen mildert.
- Das bewusste Atmen fördert die Sauerstoffversorgung des Körpers und unterstützt die Entspannung der Muskulatur. Es kann auch die Verdauung und den Kreislauf positiv beeinflussen.
- Indem du Achtsamkeit auf den Atem lenkst, kannst du eine tiefere Verbindung zum gegenwärtigen Moment herstellen, was dir hilft, achtsamer und präsenter in deinem täglichen Leben zu sein.