Sagt mal, ging euch vor dem Krieg dieses ganze „Höher, schneller weiter … Wachstum, Wachstum, Wachstum … los Leute konsumiert !!!“ auch irgendwie auf den Sack ??
„Nein Ralf“, höre ich dich sagen, „mein Geld reicht gerade so zum Überleben. Ich habe ganz andere Probleme und außerdem gar keinen Sack ;)“ Warum schreibst du gerade jetzt über Konsum, wo doch keiner mehr Geld für sowas „über“ hat ?
Weil sich auch gerade jetzt eine Chance bietet über mein bisheriges Verhalten nachzudenken, und über das, was fortan im Leben wirklich zählt und mehr Beachtung verdient.
Verzeiht diesen privilegierten Blick aus meinem Leben. Mir ist sehr wohl bewusst, das viele von euch in der jetzigen Lage finanziell ein Desaster erleben. Verzicht ist umso härter, als das man eh schon auf vieles verzichten muss.
Seit vielen, vielen Jahren begleitet mich immer wieder der Impuls, das ich in meinem Leben viel weniger bräuchte, als ich eigentlich habe. Ich lebe in einem riesigen Haus mit großem Garten, habe einen Hund, fahre zwei Autos und ein Motorrad, habe einen 65 Zoll Fernseher, einen iMac, ein Ebike, einen Jacuzzi etc etc etc. Ein luxuriöses Leben, nach dem sich viele Menschen sehnen.
Ich habe allerdings keinen überdachten Pool wie zwei unsere Freunde – eine kleine furchtbare Rechtfertigung, das es ja immer noch Luft nach oben gibt, und ich doch sicher nicht „abgehoben“ bin :(. Nach unten ist allerdings wesentlich mehr Abstand. Mir ist sehr wohl bewusst, das ich zu den privilegierten 5% der Weltbevölkerung gehöre, denen es nicht nur an nix mangelt – nein, ich konsumierte im Überfluss, und häufig sinnloses Zeug. Der Krieg hat nun einiges verändert in meinem Bewusstsein – das soweit kommen musste.
Ich habe es mir in meiner Komfortblase richtig bequem gemacht, wohlwissend, das mein Wohlstand auch auf den Schultern anderer ruht. Ein mieses Gefühl. Und doch änderte ich nichts wirklich … warum eigentlich ? Ich lese gerade das Buch von Vivian Dittmar „Echter Wohlstand – Warum sich die Investition in inneren Reichtum lohnt“. Ein Plädoyer für neue Werte.
Dort beginnt sie mit folgenden Worten zum Thema Wachstum in der Welt (leicht abgewandelter Auszug), der meine Situation gut beschreibt :
… „Wie kann es sein, das wir direkt auf eine Klippe zusteuern und dennoch nicht zu einer Kurskorrektur bereit sind ?“ … das Problem wird gern verlagert : Unternehmen sehen die Verantwortung bei den Konsumenten, Bürger bei den Politikern, die Jungen bei den Alten und umgekehrt“ … im Großen und Ganzen geschieht nichts, während weiter diskutiert wird. Und in gewisser Weise scheint das allen ganz recht zu sein. Klar, ein bisschen schlechtes Gewissen ist dabei …“
Und sie stellt die Frage :
„Könnte es sein, dass vieles von dem, woran wir uns verzweifelt klammern, eigentlich überflüssig ist ?
Meine Antwort dazu lautet : JAAAAAAAAAAAA !
Mein Hausstand wurde größer und größer, und mit jeder neuen Anschaffung stieg meine Verantwortung. Ja, du liest richtig : Meine Verantwortung !
Ich muss mich schliesslich um die Dinge kümmern die ich angeschafft habe. Viele machen Freude, andere „rauben“ einen Großteil meiner freien Zeit – und nicht erst wenn etwas kaputt geht !
Ihr könnt euch vorstellen, was im Haus los ist, wenn der WLAN Router, der Fernseher, die Gastherme oder die Waschmaschine nicht mehr so funktioniert, wie wir es „voraussetzen“.
Ich bin für alles was ich mir anschaffe VERANTWORTLICH. Je mehr ich habe desto mehr Verantwortung.
WISST IHR FÜR WEN MAN ALS ALLERERSTES VERANTWORTLICH IST ???
FÜR SICH SELBST !!
Wenn ich also doch merke, dass ich mich mit all dem Konsum und „höher, schneller, weiter“ in der Gesellschaft auf einem Irrweg befinde, warum drehe ich dann nicht um und gehe einen anderen Weg ? Weil Gewohnheiten und die Bequemlichkeit einen enorm großen Platz in meinem Leben eingenommen haben. Ich habe mich an diesen Lebensstil gewöhnt.
Jeder von euch, der sich bei meinen Zeilen denkt : Scheiss Luxusprobleme – den bitte ich um Entschuldigung. Mein Text soll nicht als dekadent fehlverstanden werden.
Wisst ihr das der berühmte Philosoph Seneca, welcher herausragende Weisheiten über das Leben bereits vor über zweitausend Jahren sagte, ein Multimillionär war ? Kennt ihr die berühmte Rede von Steve Jobs an der Stanford Universität ? Ich bin weit von den beiden entfernt, doch hier ein Link zur Rede, die ich euch sehr ans Herz lege(externer Link zu YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=b1ozBKH4KKQ
ICH WAR IRGENDWIE LEBENSMÜDE.
Ich schwamm mit dem Strom. War wie die Großkonzerne immer dabei „Wachstum“ zu generieren, und wenn in meinem Falle nur auf „mehr Konsum“ bezogen. Ich spielte das Spiel mit. Auf dem „AMAZON AS“. Hier noch ein Klick da noch ein Klick – ab in den Einkaufswagen. Wie bei IKEA – man braucht den Tünnef nicht und kauft ihn trotzdem. Facebook weiss auch genau, das ich alsbald über eine Alternative zur Gasheizung nachdenken sollte. Und in der Firma suchte ich immer nach neuen Herausforderungen.
Ich reagierte viel zu mechanisch auf mein Umfeld. Es wurde Zeit eine STOP Taste zu kaufen !
Was brauchen wir eigentlich wirklich im Leben ? Sicherlich kennt ihr die Maslowsche Bedürfnispyramide. Ganz unten stehen Grundbedürfnisse wie Nahrung und Schlaf als Fundament gefolgt von Sicherheit durch Wohnung, Arbeit und Geld. Dann kommen soziale Bedürfnisse wir Freunde und Partner. Diese alle gleichen ein Defizit aus. Um allerdings zu wachsen brauchen wir Anerkennung und Selbstverwirklichung an der Spitze.
Das ist der Wachstum, der wesentlich wichtiger ist, als im Spiel des Kapitalismus immer weiter mitzuspielen : DIE EIGENE VERWIRKLICHUNG , persönlicher Wachstum !
Und dieser ist nicht direkt an Geld gebunden, auch wenn ich jeden verstehe , der in dieser konsumorientierten Gesellschaft gerne „mehr“ zum Leben hätte ! er Krieg ist wie ein Katalysator für mich, wie es bereits der Klimawandel seit längerem war. Unser Leben wird sich ändern. Wir werden auf vieles Gewohntes verzichten müssen. Das soll nicht zynisch klingen. Für viele Menschen mit wenig Einkommen ist es gerade eine doppelt hart Zeit. Die Inflation ist hoch wie nie.
Für meinen Teil sehe ich darin aber auch eine große Chance zur Selbstverwirklichung. Ich klammere mich nicht mehr an Dingen, spiele das Spiel nicht mehr mit, verlangsame das Tempo, werde egoistischer, achtsamer, für eine gesundere Gesellschaft, eine ökologischere Welt und ein besseres ICH.
Ein befreundeter Zen Mönch lebt ohne Geld in einem Kloster das sich selbst versorgt, ein befreundeter Schotte lebt auf einem verfallenen Hof mit ein paar Schafen – das Dach ist dringend renovierungs-bedürftig. Und doch strahlen beide, wenn ich mit ihnen rede. Sind sie arm ? Sicher nicht. Muss ich soweit gehen um bewusster für mein Leben zu werden, jenseits des Konsums und der Informationsflut ? Ich denke nicht.
Ich schärfe meinen Blick lediglich auf das, was wirklich wichtig ist im Leben. Ich höre auf mein Bauchgefühl mehr denn je. Unterstütze Projekte die es jetzt nötiger haben als ich ! Auch wenn Ryanair wieder mit 25 Euro Flügen lockt … Es könnte alles so einfach sein …. In ihrem Buch schreibt Vivian Dittmar über eine neue Art von Reichtum :
Reich an Zeit, erfüllten Beziehungen, Kreativität, Verbundenheit mit der Natur.
Ein Weckruf für eine echte Wohlstandsgesellschaft. Lesenswert !
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